Peter Matussek

Medienästhetik der Schrift

7. Die griechische Schriftrevolution

7.0 Ãœbersicht

In der Zeit der Seevölkerkriege (ca. 1200–800 v. Chr.) war die Schriftentwicklung in Griechenland zum Erliegen gekommen. Das kulturelle Wissen wurde mündlich, durch sogenannte Rhapsoden (Sänger), weitergegeben. Der berühmteste Rhapsode war Homer (ca. 9./8. Jh. v. Chr.). Seine Epen ("Ilias" und "Odyssee") tragen typische Merkmale oraler Überlieferung: Rhythmisierung (Hexameter), formelhafte Wiederholung ("der listenreiche Odysseus"), parataktischer statt hypotaktischer Aufbau (d.h. Ordnung des Nacheinander statt Hierarchisierung von Textebenen). Die Wiedereinführung der Schrift um 800 durch modifizierte Übernahme des hoch elaborierten phönizischen Alphabets kam deshalb einer Kulturrevolution gleich (7.1).

Der bedeutendste Schriftsteller an der Schwelle von der Oralität zur Literalität war Platon, ein Schüler des Sokrates. Während Sokrates noch mündlich unterrichtete, hinterließ Platon eine Fülle von Schriften, in denen er sich jedoch kritisch gegenüber der Schrift äußerte (7.2).

Dies tut er insbesondere in seinem Dialog Phaidros (7.3).

Der darin von Sokrates erzählte Mythos von der Erfindung der Schrift durch den ägyptischen Gott Thoth (bei Platon "Theuth" geschrieben) verurteilt die Erfindung scharf. Allerdings müssen wir den Kontext betrachten, um herauszufinden, wie sich Platons Position dazu verhält (7.4).

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