Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

3. Phänomenologie des Hörens

3.1.4 Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie

Linien werden immer so gesehen, als folgten sie dem einfachsten Weg. Kreuzen sich zwei Linien, so gehen wir nicht davon aus, dass der Verlauf der Linien an dieser Stelle einen Knick macht, sondern wir sehen zwei gerade durchgehende Linien.

Quelle: www.orange-sinne.de/wahrnehmungsgesetze.html (1.6.2014)


Oktav-Illusion (Deutsch 1973)

Stereokopfhörer verwenden!

Tonquelle:

Quelle: dianadeutsch.ucsd.edu/psychology/pages.php?i=202 (modifiziert, PM)

Wahrnehmung:

Quelle: dianadeutsch.ucsd.edu/psychology/pages.php?i=202 (modifiziert, PM)

3.1.4 Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie

Unsere visuelle Wahrnehmung bevorzugt Geradlinigkeit gegenüber Knicken und unterstellt deshalb bei einer Figur wie der oberen, dass es sich um einander kreuzende gerade Linien statt zwei abknickende handelt, selbst wenn es faktisch nicht so sein sollte.

Ein auditives Analogon hierzu ist die Oktaven-Illusion, die erstmals von Diana Deutsch (1974) beobachtet wurde:

Zwei Töne, die eine Oktave voneinander liegen, werden gleichzeitig, aber abwechselnd rechts und links im selben Tempo abgespielt. Wenn also links der hohe Ton gespielt wird, wird rechts der tiefe Ton gespielt, und umgekehrt. Beide Kanäle vollziehen also jeweils "abknickende" Tonlinien. Die Wahrnehmung (über Stereokopfhörer) ist jedoch, dass die hohe Tonlage konstant auf einem Ohr, die tiefe auf dem anderen Ohr gespielt wird (bei Rechtshändern meistens der hohe Ton auf dem rechten Ohr).

Wie die Notenbilder veranschaulichen, unterliegen wir also auch hier dem Gestaltgesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie, indem unsere Wahrnehmung die Illusion erzeugt, die Töne auf der rechten und der linken Seite blieben fortgesetzt auf je einer Linie.

3.1.4 Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie3.1.4 Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie
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