7.4 Von der inneren zur äußeren Bewegung

Gian Lorenzo Bernini: Apollo und Daphne (1625)

Benjamin Zix: Napoleon besucht die Antikensäle im Louvre (1810)
Charles-N. Cochin: La charmante catin (1731)
Laokoon (Details: graue Schaltfläche drücken)
Gian Lorenzo Bernini: Apollo und Daphne (1625)
Benjamin Zix: Napoleon besucht die Antikensäle im Louvre (1810)
Charles-N. Cochin: La charmante catin (1731)
Laokoon (Details: graue Schaltfläche drücken)
7.4 Von der inneren zur äußeren Bewegung
Für die Renaissance können wir also feststellen, dass sie den antiken Animationstyp des "unbewegten Bewegers" revidiert: Die Bewegung soll nun auch äußerlich sichtbar werden.
Dieser Trend setzt sich in der Folgezeit fort. Dabei wird die Illusion äußerer Bewegung durch Animationstechniken erzielt, die wir im Prinzip schon von den Steinzeithöhlen her kennen: zum einen durch Ortsveränderung des Betrachters, zum anderen durch den Wechsel von Licht und Schatten.
Ein besonders kunstvolles Beispiel für den ersten Typ ist die Skulptur Apoll und Daphne des barocken Bildhauers und Architekten Gian Lorenzo Bernini (1598–1680). Sie greift den antiken Mythos auf, demzufolge die Nymphe sich dem ihr nachstellenden Gott entzieht, indem sie sich in einen Baum verwandeln lässt. Umkreist man Berninis Skulptur im Uhrzeigersinn, erblickt man aufgrund der Veränderungen des Blickwinkels alle Stadien des Bewegungsablaufs von der Verfolgung über das Ergreifen bis hin zur Umarmung des Baums.
Der zweite Typ illusionistischer Statuenbewegung war im siebzehnten Jahrhundert äußerst populär. Antike oder neu geschaffene Statuen wurden in flackerndes Licht getaucht, so dass sie sich zu bewegen schienen.
Das Beispiel links zeigt eine Illumination der Laokoon-Gruppe anlässlich Napoleons Besuch der Antikensäle im Louvre. Offenbar genügte es den Zeitgenossen nicht mehr, wie noch Lessing (1766) in seinem Laokoon-Aufsatz die Lebendigkeit antiker Statuen erklärte: indem der Künstler jenen "fruchtbaren Augenblick" trifft (hier: der Moment kurz vor dem Schlangenbiss – s. Abb. rechts u.), bei dem der Betrachter zu einer verzeitlichenden imaginativen Ergänzung veranlasst wird (S.#).
Das Beispiel rechts oben zeigt eine Gesellschaft, die sich an der einer Frauenpuppe im Kerzenlicht begeistert. Der Effekt (hier von mir zur Verdeutlichung computeranimiert) war anscheinend so überwältigend, dass sensible Damen der Ohnmacht nahe kamen (#Bredekamp S. 12 f.). "Catin" ist das französische Wort für Straßendirne. Offenbar geht also auch hier die äußere Bewegung mit einem Abbau der Schamschwelle einher.
Schon bevor die ersten Automaten aufkamen, hatte also die Faszination für äußerlich animierte Artefakte um sich gegriffen.