Peter Matussek

Historische Anthropologie der Animationstechnik

5. Ursprünge der Animationstechnik

5.1 Animationseffekte in Steinzeithöhlen

    

5.1 Animationseffekte in Steinzeithöhlen

Versuche, tote Materie als belebt erscheinen zu lassen, hat es ganz offensichtlich schon in der Steinzeit gegeben. Dies lässt sich aus der Art und dem Ort der Bemalung von Felsen erschließen.

Bei dem zu einem Tierkopf umgestalteten Felsrelief aus Altamira (oben links) hat der Höhlermaler offenbar die Eignung des Vorsprungs erkannt, durch nur wenige  Hinzufügungen zu einer dreidimensionalen Figur umgestaltet werden zu können.

Die inszenatorische Aneignung der natürlichen Felswände durch ergänzende Bemalung ist beim nächsten Bild noch ausgeprägter: Den Hauptteil der Darstellung stellt die Felskontur, die als Rückenlinie eines Wisents erscheint. Dies aber nur unter bestimmten Lichtverhältnissen und nur unter einem bestimmten Blickwinkel, bei dem der Kopf außerdem nach links geneigt werden muss. Damit kommen deutlich performative Züge ins Spiel; die Ansicht des Wisents ist hier Teil einer Aufführung.

Entsprechendes gilt von den beiden Darstellungen oben rechts.

Natürlich wissen wir nicht, was die Höhlenbewohner der Steinzeit dazu veranlasst hat, solche Inszenierungen zu schaffen. In der Forschung kursieren dazu verschiedene Thesen – von einem prähistorischen Animismus über Jagdmagie bis zu schamanistischen Ritualen. Vielleicht war es aber auch einfach nur ein mimetischer Impuls, die Freude an der Nachahmung eines lebenden Tiers, was sie dazu motiviert hat.

Abbildungen von Menschen sind äußerst selten in den Steinzeithöhlen. Bei den wenigen vorhandenen stehen die Geschlechtsteile im Mittelpunkt (untere Bildreihe). Auch hier finden wir inszenatorische Tendenzen. So sind die beiden Männerumrisse rechts mit "Penissen" aus den Stalagmiten der Tropfsteinhöhle gebildet, wo sie gewissermaßen eine Erektionsbewegung imitieren.

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