Peter Matussek

Historische Anthropologie der Animationstechnik

5. Ursprünge der Animationstechnik

5.2 Statuenbelebung bei den Ägyptern

Das Mundöffnungsritual

5.2 Statuenbelebung bei den Ägyptern

Präziser läßt sich dieses Wechselverhältnis auf höherer Kulturstufe für die Kultbildpraktiken der Ägypter nachweisen.

Beim sogenannten "Mundöffnungsritual" wurde von dem mit einem Leopardenfell bekleideten Sem-Priester nach der Fertigstellung einer Mumienstatue mit denselben Instrumenten, mit denen man sie erschaffen hatte, der Mund  symbolisch geöffnet. Erst damit erreichte der Verstorbene seine Unsterblichkeit.

Den ägyptischen Kultbildern kommt  ihre Lebendigkeit also nicht eo ipso, sondern – wie der Ägyptologe Jan Assmann schreibt – "erst durch besondere rituelle Handlungen zu: Die wichtigste Funktion der Riten ist die Animation, die Belebung und Beseelung der Bilder, die an sich unbelebt und seelenlos sind." (Jan Assmann # S. 66)
Es war also nicht einfach ein Glaube, der die Ägypter veranlasste, Ihre Verstorbenen für unsterblich zu halten. Sondern erst durch den aktiven Vollzug eines Rituals, das bezeichnenderweise an einer leblosen Statue vollzogen wurde, verliehen Sie der toten Materie Lebensenergie. Auch hier können wir von einer Animation qua psychischer Übertragung sprechen.

5.2 Statuenbelebung bei den Ägyptern5.2 Statuenbelebung bei den Ägyptern
SprechblaseSprechblase
Fragezeichen