Peter Matussek

Medienästhetik der Schrift

4. Lektürezentrierte Texttheorien

4.3 Leerstellen (Iser)

Wolfgang Iser (1926-2007)

"Ergeben sich Leerstellen aus den Unbestimmtheitsbeträgen des Textes, 
 so sollte man sie wohl Unbestimmtheitsstellen nennen, 
 wie es Ingarden getan hatte.
 Leerstellen indes bezeichnen weniger eine Bestimmungslücke
 des intentionalen Gegenstandes bzw. der schematisierten 
 Ansichten als vielmehr die Besetzbarkeit 
 einer bestimmten Systemstelle im Text 
 durch die Vorstellung des Lesers.

 Statt einer Komplettierungsnotwendigkeit
 zeigen sie eine Kombinationsnotwendigkeit an."

 (Iser 1976, S. 284)

4.3 Leerstellen (Iser)

Wolfgang Iser modifiziert Ingardens Konzept, indem er zwischen "Unbestimmtheitsstellen" und "Leerstellen" unterscheidet. Ingarden benutzte den Begriff der Leerstelle synonym mit dem der Unbestimmtheitsstelle (Ingarden 1931, S. 265)

Den systematischen Ort von Leerstellen bestimmt Iser durch das Aneinanderstoßen verschiedener Textschichten, sogenannter "Schnitte" (4.3.1).

Die Funktion der Leerstellen ist es nach Iser, dem Leser einen Auslegungsspielraum zu eröffnen, durch den er den Sinn mitkonstituiert (4.3.2).

In neuerer Zeit hat Isers Begriff der Leerstelle weit über die Texthermeneutik hinaus Karriere gemacht – so in der Kunstgeschichte (4.3.3),  der Filmtheorie (4.3.4) und der Musikwissenschaft (4.3.5).

 

4.3 Leerstellen (Iser)写作
SprechblaseSprechblase
Fragezeichen