Peter Matussek

Medienästhetik der Schrift

9. Die drucktechnische Revolution

9.5 Ängste vor dem neuen Medium

Danse Macabre (1500). Giesecke (1991), S. 70.
Der Glöckner von Notre Dame 5, II: "Ceci tuera cela". Wikimedia.


9.5 Ängste vor dem neuen Medium

Wie bei jedem Medienwechsel wurde auch die Einführung des Buchdrucks zunächst alarmistisch aufgenommen, bis sich der Reiz des Neuen allmählich verlor und einer gewohnheitsmäßigen Akzeptanz wich.

Die älteste Abbildung einer Druckerei überhaupt (Abb. links) stellt den Buchdruck bezeichnenderweise als Totentanz ("danse macabre") dar.

Und in Victor Hugos Roman Notre-Dame de Paris (1831/32, Abb. rechts), der in der Inkunablenzeit spielt, zeigt der Architekt mit der rechten Hand auf ein Buch, mit der anderen auf die Kathedrale und sagt mit traurigem Blick vom Buch zur Kirche: "Dies hier wird das da töten (ceci tuera cela)."

Aus heutiger Sicht mag man sich wundern, wie ausgerechnet das Medium Buch die Menschen der Zeit so ängstigen konnte. Und man mag darauf verweisen, dass die Kirchen (einschließlich Notre-Dame) immer noch stehen, während gedruckte Bücher gegenüber elektronischen an Bedeutung verlieren.

Doch das wäre eine oberflächliche Betrachtungsweise. Tatsächlich hat der Buchdruck die Autorität der Kirche zunehmend untergraben, wie wir in der nächsten Lektion sehen werden.

9.5 Ängste vor dem neuen Medium9.5 对新媒体的恐惧
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