Peter Matussek

Medienästhetik des Klangs

3. Phänomenologie des Hörens

3.2.2 Spannungs- und Auflösungsempfindung

Intervalle: Dissonanz <–> Konsonanz

D: Sekunden, überm. Quarte / verm. Quinte (Tritonus), Septen
K: Terzen, Quarten, Quinten, Oktaven

Beispiel für Emotionsinduktion durch Kontrasteffekte von konsonanten und dissonanten Akkorden.

Funktionsharmonik: Dominante <–> Tonika

Vollkadenz (C-Dur) mit den Akkordstufen
I: Tonika (T) – IV: Subdominante (S) – V: Dominante (D) – I: T

Erläuterung zur Spannungsdynamik der Vollkadenz als Grundschema aller Popmusik.

Spannungserhöhung durch Abweichen von der Hörerwartung der Vollkadenz

Erweiterte Kadenz:

 

Sixte Ajoutée

 

Neapolitaner

 

Jazz-Kadenz:

 

Akkordfolge: T – D – Tp – Dp – S – T – S – D –> T
        Stufen: I – V –  VI – III – IV – I –IV – V –> I
Tp= Tonika-Parallele: Paralleltonart zur T (hier: a-moll für C-Dur)
Dp= Dominant-Parallele: Paralleltonart zur D (hier: e-moll für G-Dur)

 

 

 

 

 

Der Terminus geht auf Rameau (1683–1764) zurück, der damit die Spannungserhöhung durch Hinzufügung einer großen Sexte, also einer Dissonanz, und entsprechend gesteigerte Auflösungserwartung bezeichnet.

Die Basslinie vollzieht zwei Quintsprüunge abwärts: VI-II und V-I ("Quintfallsequenz"). Das d' im zweiten Akkord wird zum Grundton eines kleinen Mollseptakkordes (d7). Das c', die Septime des Akkordes, wird im vorangehenden Akkord vorbereitet und löst sich im nächsten Akkord abwärts ins h' auf.

 

 

Eine traurig klingende Kadenz, die zunächst in der neapolitanischen Oper Ende des 18. Jahrhunderts häufig verwendet wurde und daher ihren Namen bekam.

 

 

 

 

 

3.2.2 Spannungs- und Auflösungsempfindung

Manche Intervalle empfinden wir als dissonant (von lat. dis=unterschiedlich, getrennt und sonare=klingen), andere als konsonant (lat. con=zusammen). Die Gründe hierfür sind umstritten. Helmholtz machte Schwebungen dafür verantwortlich. Aber auch kulturspezifische Hörgewohnheiten spielen eine Rolle. Das Video oben links benennt die in der westlichen Musikgeschichte etablierten Hörempfindungen bestimmter Intervalle. Dagegen empfanden z.B. die alten Griechen die Terz als dissonant.

Dissonanzen erzeugen ein Gefühl der Spannung, das nach Auflösung in einer Konsonanz strebt.

In der Musikgeschichte hat sich für dieses Wechselspiel von Dissonanz und Konsonanz ein bestimmtes Muster etabliert: die Kadenz (von lat. cadere=fallen). Sie besteht in der typischen ("authentischen") Form aus Akkorden der Stufen I-IV-V-I (s. Video oben rechts). Dabei ist es stets die Dominante, der Dreiklang auf der 5. Stufe der Grundtonart, die die Spannung erzeugt, die das Streben nach Auflösung in der Tonika verursacht. Man spricht daher auch von "Dominantspannung", unterstützt von der "Strebetendenz" des "Leittons" (hier: H –> C).

Kadenzakkorde erscheinen uns in ihrer Abfolge um so schlüssiger, je stärker die harmonikale Spannung ist, die zur Auflösung gebracht wird. So hat schon die klassische Musik entsprechend variierte Kadenztypen hervorgebracht, wie z.B. den "Neapolitaner". In Jazz und Blues werden gerne statt der reinen Akkorde der Vollkadenz Sept-Akkorde verwendet. Im Jazz gibt es aber noch komplexere Kadenzakkorde (vgl. das Beispiel von Rick Wright ganz unten). 

 

 

3.2.2 Spannungs- und Auflösungsempfindung3.2.2 Spannungs- und Auflösungsempfindung
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