![]() |
Virtuelle Realität als Schwellenphänomen | ||||
Der Begriff der Virtuellen Realität ist in unserem alltäglichen Sprachgebrauch so eng mit der Digitaltechnik verknüpft, daß das Phänomen, für das er steht, aus dem Blick zu geraten droht. "Virtuell" heißt: der Möglichkeit nach. Virtuelle Realitäten dürfen also nicht mit Computersimulationen gleichgesetzt werden, sondern erfüllen ihren Sinn erst dann, wenn unser "Möglichkeitssinn" (Musil) angesprochen wird. Insofern kann bereits im Hinblick auf vor-digitale Artefakte, etwa der literarischen Fiktion, von virtuellen Realitäten gesprochen werden. Erst allmählich setzt sich auch im Bereich der VR-Technologie ein entsprechendes Differenzierungsbewußtsein durch, das zu unterscheiden gelernt hat zwischen immersiven Environments, die den Benutzer in die künstliche Welt eintauchen lassen, und reflexiven Environments, die dem Benutzer das Gefühl vermitteln, auf der Schwelle zwischen der digitalen Scheinwelt und seiner physischen Erfahrungswelt zu stehen. In diesem zweiten Sinn wird neuerdings von Augmented oder Mixed Reality gesprochen. Voraussetzungen für diese sind Bühnenräume, auf denen die Benutzer körperbewußt agieren, die aber zugleich durch interaktive Projektionstechniken Übergänge in die Scheinwelt bieten. Solche Mixed Reality-Bühnen entwickeln etwa die Forschergruppe MARS am Fraunhofer IMK und das ANIMAX-Multimedia-Theater in Bonn. |