Was ist Medienästhetik?

 

Der Begriff Medienästhetik ist zusammengesetzt aus dem lateinischen Wort medium (= das Mittlere, Vermittelnde) und dem griechischen Wort aísthesis (=Wahrnehmung, Empfindung). Untersuchungsgegenstand der Medienästhetik ist also dem Wortsinn nach die Vermitteltheit der menschlichen Wahrnehmung.

Rechts im Video sehen Sie eine kurze Einführung zum Begriff Medienästhetik.

Der Begriff Medienästhetik ist zusammengesetzt aus dem lateinischen Wort medium (= das Mittlere, Vermittelnde) und dem griechischen Wort aísthesis (=Wahrnehmung, Empfindung). Untersuchungsgegenstand der Medienästhetik ist also dem Wortsinn nach die Vermitteltheit der menschlichen Wahrnehmung.

Medien

Wenn heute allgemein von „den Medien“ die Rede ist, dann sind damit meist die modernen Massenkommunikationsmittel gemeint: Zeitung, Radio, Fernsehen und insbesondere das Internet. Doch das ist ein verkürzter Sprachgebrauch. Medialität begegnet uns nicht nur in den Techniken der Informationsübertragung, sondern in allen Formen der Vermittlung von Welterfahrung. Auch Menschen können Medien sein – etwa, wenn sie uns als Reisebegleiter eine Stadt durch ihre Augen sehen lassen. Ebenso die Liebe, unter deren Einwirkung uns die Welt verklärt erscheint. Auch im Schamanismus und Spiritismus spricht man von „Medien“ aufgrund ihrer vermeintlichen Begabung, zwischen Diesseits und Jenseits zu vermitteln. So können wir zwischen technischen und natürlichen Medien unterscheiden. Und das ursprünglichste aller natürlichen Medien ist die menschliche Wahrnehmung selbst.

Wahrnehmung

Was unsere Sinne an Eindrücken aufnehmen – Licht- und Schallwellen in bestimmten Frequenzbereichen, Duftmoleküle und Nervenreize in weit geringerem Ausmaß als bei vielen Tieren – ist noch lange kein „Bild“ der Welt. Erst unser Gehirn mit seinen hoch komplexen Verarbeitungsmechanismen konstruiert aus den spärlichen Sinnesdaten Erfahrungsgegenstände Diese Vermittlungs- prozesse, die eigentlich „Wahrgebung“ heißen müssten, weil sie die Phänomene, die uns erscheinende Welt, überhaupt erst hervorbringen, nennen wir Wahrnehmung. Diese könnte ihre erstaunlichen Leistungen nicht  vollbringen, wenn sie die Sinnes- eindrücke wie ein Computer seriell verarbeiten müsste.

Virtuelle Realität

Der Trick der Natur, uns eine Umweltorientierung in Echtzeit zu ermöglichen, ist die Verwendung von Fertigbauteilen, sogenannten „Schemata“, die aus individuellen wie ererbten Erfahrungen und Erinnerungen gespeist sind, so dass ein rudimentärer Sinnesreiz genügt, um mithilfe von Ratesystemen, sogenannten „Heuristiken“, ganze Umweltszenarien abzurufen. Dass unsere Weltwahrnehmung also hoch spekulativ – eine immer schon "Virtuelle Realität – ist, bemerken wir in der Regel nicht. Erst wenn sie scheitert – z.B. in Experimenten mit optischen Täuschungen –, bemerken wir ihren illusorischen Charakter.

Die natürliche Medialität der menschlichen Wahrnehmung arbeitet aber im Alltag zuverlässig, weil sie in Hunderttausenden von Jahren durch Wiederholung jener Ratevorgänge instinktsicher geworden ist. Entsprechend groß sind die Zumutungen, die von den technischen Medien der Moderne ausgehen. Fernrohre und Mikroskope, Lautsprecher und Mikrophone, Autos und Flugzeuge, schließlich Computer und Internet setzen die Koordinaten unserer eingefleischten Wahrnehmungsroutinen außer Kraft, rücken Weites plötzlich nah, schaffen virtuelle Realitäten, die buchstäblich nicht zu begreifen sind, beschleunigen uns in einem Tempo, das unsere Biorhythmen überfordert. Die Weltwahrnehmung der natürlichen und die der künstlichen Medien kollidieren. 

Zweierlei Ästhetik

Es ist daher kein Zufall, dass in derselben Zeit, in der die technischen Medien der Moderne aufkamen, sich auch der Begriff der „Ästhetik“ änderte. Hatte man noch bis Mitte des 18. Jahrhunderts Ästhetik von aísthesis abgeleitet und demnach als Theorie der sinnlichen Erkenntnis begriffen, etablierte sich nun ein neuer Begriff von Ästhetik, der den produktiven, schöpferischen Aspekt der Wahrnehmung betonte und in der autonomen Kunst ein Modell erkannte, die Aufmerksamkeit für das Ungewohnte, Neue, Unbegriffene zu schärfen und gerade diesen Ausnahmezustand aisthetischer Erfahrung zu genießen. Bis heute sehen die Ästhetischen Theorien das entscheidene Merkmal der Kunst darin, etablierte Wahrnehmungsgewohnheiten zu durchbrechen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Medialität der menschlichen Wahrnehmung. Medienästhetik ist in diesem spezifischeren, konventionskritischen Verständnis eine wissenschaftliche Praxis der Aufmerksamkeitssteigerung für die natürlichen und technischen Prozesse der Konstitution von Wirklichkeiten.